Vorjahre 

RÜSSELSHEIMER RK (SÜD I)
Genau zehn Jahre ist es her, dass sich die RRK-Damen anschickten, aus dem langen Schatten der einst erfolgreichen Herren des Ruder-Klubs herauszutreten. Von denen, die mit dem 5:3-Finalsieg in Bremen das Ende der Ära des SC Brandenburg einläuteten, sind heute noch zwei mit von der Partie; Tanja Dickenscheid und Britta Becker. Sollte sich dieses Duo, ebenso wie Trainer Berti Rauth und Betreuer Thomas Blivier, durch den aktuellen Verlauf der Bundesligasaison stark an das erste Meisterstück erinnert fühlen, es wäre aufgrund frappierender Übereinstimmungen alles andere als verwunderlich. Analog zum RRK waren die Brandenburgerinnen damals mit 14 Siegen sowie als fünfmaliger Titelträger angereist.

Dass die Gastgeberinnen keine Lust verspüren, es zu einer Duplizität der Ereignisse kommen zu lassen, liegt auf der Hand. Schließlich hatte man vor einem Jahr als ausgebooteter Süddritter tatenlos mit ansehen müssen, wie vier andere Mannschaften einem größeren Rüsselsheimer Publikum ihre Fertigkeiten demonstrierten. Und nachdem 1991 in der Köbel-Halle noch die Titelverteidigung gelungen war, sahen sich die heimischen Fans ihrer Hoffnungen fünf Jahre später bereits im Halbfinale beraubt. Und dann wäre da natürlich noch Britta Becker, die vor 13 Monaten Tochter Emily zur Welt brachte und deshalb nicht mitspielen konnte. Nach 50 Saisontoren darf davon ausgegangen werden, dass die inzwischen in Hamburg lebende Nationalspielerin alles dafür tun wird, um sich mit einem weiteren Titel vom RRK und den Rüsselsheimer Hockeyfreunden zu verabschieden. Dass die Gastgeberinnen die Bürde des Favoriten tragen, versteht sich aufgrund der sportlichen Bilanz von selbst. Anteil daran, dass der Ruder-Klub im Durchschnitt weniger als zwei Gegentreffer zuließ, hat auch ein Neuzugang: Friederike Barth, eine Nationalspielerin, kam vom Club Raffelberg an den Main und fiebert nun ihrer ersten Hallenendrunde entgegen.

BERLINER HC (SÜD II)
So es einen Orden für besondere Treue gegenüber den DM-Endrunden geben würde, der BHC wäre der erste Kandidat. Zum neunten Mal hintereinander ist der Verein aus der Hauptstadt in der entscheidenden Phase der Meisterschaftsrunde mit von der Partie. Um die Diskrepanz zwischen der Zahl der Teilnahmen und den Titelgewinnen nicht noch größer werden zu lassen, hatte sich der BHC nach 1995 erneut die Ausrichtung der 39. Endrunde gesichert. Die Hoffnung, mit dem Heimvorteil, den neben der Zuschauerunterstützung insbesondere der für die anderen Teams zumeist ungewohnte Parkettboden in der Schöneberger Sporthalle garantiert, nach dem nationalen Triumph im Freien im Oktober nun die Basis für die vierte Meisterschaftssause in der Halle schaffen zu können, währten aber nur bis in der Vorweihnachtszeit hinein. Die Vorgabe des Verbandes, dem langjährigen Trikotpartner des BHC aufgrund der DHB-Partnerschaft mit Opel keine Werbemöglichkeit bei der Endrunde einzuräumen, enttäuschte die Berliner so sehr, dass sie die Ausrichtung zurückgaben.

Dass die Spielerinnen und Trainer Friedel Stupp (34) mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch nach Rüsselsheim kommen, darf als gesichert gelten. Obwohl sie mit der Walter-Köbel-Halle nur bedingt gute Erinnerungen verbinden. 1996 wurde hier zwar der bislang letzte Titel gewonnen, doch vor zwölf Monaten drehte Klipper Hamburg im Endspiel den Spieß um. Denkbar, dass es den BHC-Damen daher nicht unangenehm ist, dass die Neuauflage dieses Duells im aktuellen Halbfinale im letzten Moment geplatzt ist. Zumal die Berlinerinnen trotz einiger A-Nationalspielerinnen in dieser Punktrunde nicht die Form der vorherigen Saison erreicht haben. Gegen den Rüsselsheimer RK setzte es erstmals überhaupt zwei deutliche Niederlagen, und in den entscheidenden Spielen gegen Eintracht Frankfurt war auch etwas Glück dabei.

Ob dies ursächlich daran lag, dass das Team ohne „Mama" Irina Kuhnt und Katrin Kauschke auskommen muss? Die Spielführerin der Nationalmannschaft „überwintert" im wärmeren Spanien. Dennoch: mit 149 Toren (Vorjahr 167) legte der BHC wiederum den größten Torhunger aller 14 Erstligaklubs an den Tag, wobei diesmal Wibke Weisel (55) ihre Teamkameradin Natascha Keller (49) die Torjägerkrone wegschnappte. Im Tor hat die erfahrene Iris Fischer Konkurrenz bekommen: Louisa Walter (21) kam von Schwarz-Weiß Köln und war 1998 zweite WM-Torhüterin.

ROT-WEISS KÖLN (Nord I)
Ob es nun eine Sensation oder doch „nur" eine Überraschung ist, sei ’mal dahin gestellt. Tatsache ist jedenfalls, dass wettbegeisterte Zeitgenossen ein kleines Vermögen hätten machen können, wenn sie den Verein, der letztmals 1965 als Hallenchampion von sich Reden machte und dann lange Zeit im Schatten des Lokalrivalen Blau-Weiß stand, als Endrundenteilnehmer, geschweige denn Tabellenersten in der Nordstaffel vorausgesagt hätten. Keine der acht Mannschaften in dieser Gruppe, also auch die Rot-Weißen selbst nicht, hatten dem Team aus der Domstadt mehr als Rang drei zugetraut. Doch nachdem es nur Titelverteidiger Klipper Hamburg gelang, die im Freien als deutscher Meister 1998 und Europacup- sowie deutscher Pokalsieger 1999 überzeugenden Kölnerinnen einmal zu besiegen, hatten sich am Ende alle Experten vertan. Naheliegend, dass das Aufgebot von Coach Wolfgang Kluth (43), nebenbei Assistenztrainer von „Bundes-Berti", nun beweisen möchte, dass der Erfolg in der Halle nicht von Ungefähr gekommen ist. Überdies haben die Westdeutschen mit ihrem Halbfinalgegner aus Berlin noch ein Hühnchen zu rupfen: Im zurückliegenden Oktober war das DM-Finale auf dem Feld in Hamburg gegen den Berliner HC 1:4 verloren gegangen. Wie der BHC, so kommen auch die Kölnerinnen ohne eine ihrer bekanntesten Spielerinnen an den Main. Heike Lätzsch, die aufgrund ihrer enormen Schnelligkeit auf der rechten Angriffsseite aus dem Nationalteam nicht wegzudenken ist, meidet ihrer Knie zuliebe die Halle und hilft nur ab und zu aus. Dass auch keine jener spielstarken Ausländerinnen, die entscheidend zum Höhenflug auf dem Feld beigetragen haben, lässt auf eine sehr geschlossene Einheit schließen. Herausragend: Torhüterin Birgit Beyer und Franziska Gude (23 Saisontreffer), beide Nationalspielerinnen, sowie die beste Torschützin, Imke Rottgardt (34).

KLIPPER HAMBURG (Nord II)
War es nun grobe Fahrlässigkeit oder pure Absicht ? Die Meinungen über das, was dem Mitfavoriten am letzten Spieltag der Punktrunde in der Partie bei Aufsteiger Blau-Weiß Köln widerfahren ist, gehen auseinander. Fakt ist, das der Titelverteidiger nach einer 3:1-Pausenführung am Ende 3:8 verloren und damit Platz eins in der Nordgruppe verspielt hatte. Dass Trainer Markku Slawyk (36) diesen Fauxpas sechs Tage vor dem Halbfinale gut heißen konnte, ist schwer vorstellbar. Auch dann nicht, wenn sein Team es nun analog zur Vorschlussrunde 1996 an gleicher Stätte wiederum mit den seinerzeit 6:5 bezwungenen Gastgeberinnen zu tun bekommt. Denn wer setzt sich schon freiwillig mit einem Gegner wie dem RRK auseinander, der alle 14 Spiele gewinnen konnte ? Sollten die Hanseatinnen allerdings am Ende ihren zweiten blauen Meisterwimpel in den Händen halten, haben sie sowieso alles richtig gemacht.

Obwohl der Tennis- und Hockey-Club Klipper die Runde mit den zweitwenigsten Gegentreffern (48) beendete, fiel auf, dass das Team sieht man einmal vom 9:1-Heimsieg über Nordmeister Rot-Weiß Köln ab, doch an Souveränität verloren hat. Dafür, und auch für die 1:3-Niederlage zum Rundenbeginn bei Eintracht Braunschweig, gibt es freilich Gründe. Einen, der weniger angenehm ist, und einen sehr schönen. Während Stürmerin Vanessa Schmoranzer eine Verletzung auskuriert, wächst im Bauch von Philippa Suxdorf ein neuer Erdenbürger heran. Die 29 Jahre alte Nationalspielerin gehört aufgrund ihrer technischen Fertigkeiten speziell in der Halle zu den nationalen Größen. Entsprechend groß ist die Lücke, die sie im Klipper-Team hinterlässt.

Auch deshalb ist davon auszugehen, dass sich zwei Hamburgerinnen an ihrer einstigen Wirkungsstätte und gegen ihre früheren Mitspielerinnen besonders ins Zeug legen werden - Eva Hagenbäumer und Susanne Bellenbaum (einst Müller). Dies gilt aber wohl auch für Melanie Cremer, der hinter Anneke Böhmert (35) mit 23 Toren die zweitmeisten Treffer gelangen. Die Nationalspielerin war neben der Kölner Torhüterin Birgit Beyer als einzige Feldspielerin aus dem A-Kader vom Bundestrainer dazu verdonnert worden, vor acht Tagen in Wien den EM-Titel zu verteidigen.

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Alle Hallen-Endspiele der Damen seit 1962:
1. 1962 Frankfurt/M. SKG Frankfurt - HC Heidelberg 2: 0
2. 1963 Lübeck Rot-Weiß Stuttgart - UHC Hamburg 5: 1
3. 1964 Wuppertal Rot-Weiß Stuttgart - TG Frankenthal 5: 2
4. 1965 Heidelberg Rot-Weiß Köln - Rot-Weiß Stuttgart 2: 1
5. 1966 Köln Großflottbeker THGC - HC Heidelberg 4: 3
6. 1967 Stuttgart Rot-Weiß Stuttgart - HC Heidelberg 2: 1
7. 1968 Bietigheim Rot-Weiß Stuttgart - HC Heidelberg n.V. 4: 3
8. 1969 Berlin Rot-Weiß Stuttgart - HC Heidelberg 1: 0
9. 1970 Wiesbaden Rot-Weiß Stuttgart - Eintr. Braunschweig 3: 1
10. 1971 Braunschweig Rot-Weiß Stuttgart - Großflottbeker THGC n.V. 5: 4
11. 1972 Hamburg Großflottbeker THGC - Rot-Weiß Stuttgart 3: 2
12. 1973 Heidenheim Eintr. Braunschweig - Blau-Weiß Köln 7: 2
13. 1974 Köln Eintr. Braunschweig - Blau-Weiß Köln * n.V. 3: 3
14. 1975 Frankenthal Eintr. Braunschweig - SC Brandenburg 3: 1
15. 1976 Hamburg SC Brandenburg - Großflottbeker THGC 3: 1
16. 1977 Oelde Blau-Weiß Köln -SC Brandenburg 3: 2
17. 1978 Worms SC Brandenburg - Eintr. Braunschweig 5: 2
18. 1979 Wiesbaden Blau-Weiß Köln - RTHC Leverkusen 6: 2
19. 1980 Köln Blau-Weiß Köln - SC Brandenburg 5: 4
20. 1981 Braunschweig RTHC Leverkusen - Blau-Weiß Köln 5: 4
21. 1982 Hanau RTHC Leverkusen - Blau-Weiß Köln n.V. 6: 5
22. 1983 Leverkusen Hanauer THC - Eintr. Braunschweig n.V. 9: 8
23. 1984 Köln RTHC Leverkusen - Hanauer THC 5: 2
24. 1985 Worms Blau-Weiß Köln - Eintr. Frankfurt 9: 4
25. 1986 Hamburg SC Brandenburg - Klipper Hamburg 14: 7
26. 1987 Braunschweig RTHC Leverkusen - Eintr. Frankfurt ** n.V. 9: 9
27. 1988 Bremen SC Brandenburg - Eintr. Frankfurt 13:10
28. 1989 Elmshorn SC Brandenburg - Rüsselsheimer RK 5: 4
29. 1990 Bremen Rüsselsheimer RK - SC Brandenburg 5: 3
30. 1991 Rüsselsheim Rüsselsheimer RK - RTHC Leverkusen 7: 3
31. 1992 Braunschweig Berliner HC - Rüsselsheimer RK 5: 3
32. 1993 Bonn Rüsselsheimer RK - Eintr. Frankfurt 6: 1
33. 1994 Essen Rüsselsheimer RK - Berliner HC 6: 5
34. 1995 Berlin Berliner HC - Rüsselsheimer RK 6: 5
35. 1996 Rüsselsheim Berliner HC - Klipper Hamburg 6: 5
36. 1997 Essen Eintr. Frankfurt - Klipper Hamburg 4: 3
37. 1998 Hamburg Rüsselsheimer RK - Berliner HC 7: 2
38. 1999 Rüsselsheim Klipper Hamburg - Berliner HC 5: 3

*nach Siebenmeterschießen 5:4 für Braunschweig / **nach Siebenmeterschießen 3:2 für Leverkusen